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Recon Tour Reviews & Pics


Mera Luna 2000 Pics: M. Lorenzen


18.11.2000 Berlin, Columbia Fritz

Berliner Morgenpost vom 20.11.2000

Die Rückkehr der gotischen Schwarzkittel
Wayne Hussey hat The Mission wiederbelebt und begeistert im Konzert die Fans von einst


Es waren nicht wenige Fans, die sich im Columbiafritz eingefunden hatten. Sicher nicht nur, um die wieder auferstandene britische Gothic-Rockband The Mission zu feiern, sondern auch um Erinnerungen an ihr Vorgängerprojekt The Sisters Of Mercy aufzufrischen. Die waren immerhin eine der stilprägendsten Bands der achtziger Jahre. Und wer dachte, The Mission seien in die Jahre gekommen - Fehlanzeige! Das Quartett um Sänger Wayne Hussey, inzwischen mit modischer Kurzhaarfrisur, präsentierte sich in bester Spiellaune, bearbeitet die Gitarren so manisch wie einst und lieferte den Fans ein druckvolles Potpourri der besten Gothic-Hits wie «Tower of Strength» Und «Naked And Savage».
Nach längerer Pause hat Hussey die Band, die inzwischen in den vereinigten Staaten lebt, reformiert. Der einstige Cult-Drummer Scott Garrett gehört inzwischen zur Gruppe, Gitarrist Mark Thwaite ist dabei und das zurückgekehrte Gründungsmitglied Craig Adams am Bass. Und mit dem Livealbum «Ever After» rief man sich bei den Fans schnell wieder ins Gedächtnis zurück. Vielleicht ist The Mission nicht mehr ganz so druckvoll wie früher, auf jeden Fall arbeiten sie mit erheblich weniger Trockeneisnebel. Aber immerhin: unsere Leichen leben noch! Und mit welch einer Freude am Livespielen nach so langer Abwesenheit.

Das Publikum, das übrigens so bunt gemischt war wie man es selten auf Konzerten sieht, bedankte sich durch dauerhaftes Mitsingen. So etwas hat man bei düsteren Konzerten dieser Art selten gesehen, und hier wurden Songs wie «Wasteland», in das ein paar Riffs vom Sisters Of Mercy-Klassiker «Marianne» gestreut wurden, «Beyond The Pale» und «Deliverance» zu zehnminütigen Wechselspielen zwischen Band und Publikum.
Besonders im Zugabenblock, in dem es sich ein besonders hart gesottener Fan nicht nehmen ließ, von seinen Freunden auf Händen getragen, die Band mit offen ausgebreiteten Armen zu feiern, holten The Mission dann noch mal alles aus sich heraus und machten eine durchaus sympathische Ansage: «Liebe Berliner, wir wissen, dass Ihr besonders große Fans einer bestimmten Band seid.» Und dann zollten The Mission eben dieser Band, nämlich Depeche Mode, Respekt, als sie eine rockige Version von «Never Let Me Down Again» spielten, dessen Text vom Publikum Strophe für Strophe mitgesungen wurde. Sympathisch und sehr kollegial, zumal The Mission im Gegensatz zu Depeche Mode an ihren großen Erfolg in den Achtzigern ja nie mehr haben anknüpfen können.

Doch eines haben The Mission, die an diesem Abend ihren Kult wiederbeleben konnten, dann ja doch falsch gemacht - sie haben nämlich das Alter ihrer Fans falsch eingeschätzt. Denn auf den zahlreich eingesammelten Info- und Kontaktkarten des Labels konnte man ankreuzen, zu welcher Altersgruppe man gehört: 16-21, 22-30 und über 30 Jahre. Was ist denn mit den älteren Fans über 40? Oder ist man etwa als Gothicfreak so jung geblieben, dass das Alter schon lange nicht mehr zählt?
Von Stefan Meyer



Aus Sonic Seducer

Für Berliner Verhältnisse sehr pünktlich um 20 Uhr erklang das nicht sehr orginelle, aber dennoch ungemein stimmungsvolle Intro "Oh Fortuna" und die Hallenbeleuchtung im gut gefüllten Columbia Fritz erlosch.
Blickfang neben dem übergroßen Bühnenbanner war natürlich Sänger und Kopf der Band, Wayne Hussey, der trotz der typischen Sixties-mäßigen Sonnenbrille, die er während des gesamten Konzerts nicht einmal abnehmen sollte, vom ersten Lied an gute Laune versprühte und zwischen den einzelnen Songs aus dem Grinsen nicht mehr rauskam. Ob`s am Rotwein, den er direkt aus der Flasche trank, oder einfach am begeisterten Publikum lag ? Egal, schon nach dem dritten Track, "Severina" war das Eis gebrochen, und weder Publikum, noch Band sollten im Verlauf der nächsten zwei Stunden genug von einander bekommen. Selten habe ich bei einem Konzert eine derartig euphorische Atmosphäre erlebt: Bei den ganz großen Hits, wie "Deliverance" oder "Tower Of Strength", hat Wayne Hussey kommentarlos erst gar keine Refrains gesungen, sondern das lieber vom Publikum erledigen lassen.

Auch die 3-köpfige Band hatte sichtlich Spaß an ihrem Auftritt. Sehr positiv fiel in diesem Zusammenhang auf, daß es sich bei der Band nicht wie bei so vielen anderen Reunion-Shows um engagierte Söldner, sprich lediglich für die Tour zusammengewürfelte Begleitmusiker handelte, sondern nur Leute, die auch einen echten Bezug zu The Mission haben, so wie Wayne Husseys alter Mitstreiter am Bass, Craig Adams, der bekanntermaßen schon zu seligen Sisters Of Mercy-Zeiten mit von der Partie war. Sehr schön war die Coverversion von "Never Let Me Down Again" von Depeche Mode, was durch die veränderte Instrumentierung wirklich wie ein "echter" Mission Song daherkam. Sollte man unbedingt auch als Studioversion herausbringen. Als erste von einer wahnsinnigen Menge (grob geschätzt etwa 10) Zugaben gab`s dann - es war auch nicht anders zu erwarten - "Wasteland". Dieses wurde nicht nur zum Schluß mit schrägen Reggae-Elementen versetzt, sondern im Verlauf des Liedes spielte Hussey zur großen Begeisterung des Berliner Publikums immer wieder die Gitarrenläufe von "Marian" seiner alten Sisters ein.

Highlights des Abends waren "Butterfly On A Wheel" (mit Unterstützung vom Drumcomputer), im Zugabenblock dann endlich "Beyond The Pale" und "Naked And Savage", bei dem so was wie kollektive Gänsehaut im Publikum zu spüren war. Ein tolles Konzert und wirklich wunderbarer Abend, an den ich nach den miesen Veröffentlichungen und Konzerten Mitte der Neunziger Jahre von The Mission und dem ebenso grauenvollen "Resurrection"-Album aus dem letzten Jahr schon gar nicht mehr geglaubt hätte...
Text: Uwe Marx

29.11.2000 Stuttgart, Röhre

Aus dem Sonic Seducer

Lange Zeit war es still um die Gothic-Legende The Mission, doch mit dem neuen Album "Ever After" meldeten sich Wayne Hussey und seine Mannen mehr als kraftvoll zurück. Der süddeutsche Raum und Stuttgart im speziellen gilt als ein sehr schwieriges Gebiet für Livekonzerte von Alternativebands. Davon sollten The Mission an diesem Abend aber nichts zu spüren bekommen. Die Röhre war mit ca. 400 Gästen sehr gut gefüllt und die überwiegend in die Jahre gekommenen Gothic-Fans erwartete zuerst einmal der druckvolle Gitarrensound der Supportband Underdogg.

Nach einer kurzen Umbauphase betrat dann endlich der charismatische Frontmann von The Mission die Bühne und brach mit dem ersten Song "Never Again" einen wahren Sturm los. Danach folgte ein Gothic-Klassiker nach dem anderen und Songs wie "Severina", "Beyond The Pale", "Hands Across The Ocean" und "Butterfly On A Wheel" ließen den einen oder anderen Fan Tränen der Rührung in die Augen treten. Es war bewundernswert, mit welcher Spielfreude die alten Herren dieses fast schon intim zu nennende Club-Konzert bestritten. Auch wenn die Klassiker eine deutliche Neubearbeitung erfahren haben, strahlen die alten Songs noch die gleiche Faszination aus wie in den seligen 80er Jahren. Für die Begeisterung des Publikums bedankte sich die Band mit einer Zugabe, welche aus den Wünschen der Zuhörer bestand. Dabei kamen nun endlich die Fans in den Genuß, ihre jeweiligen Lieblingssongs zu hören. Nach etwa zwei Stunden verließen The Mission unter tosendem Applaus die Bühne und viele Zuhörer verließen mit dem Gefühl, vielleicht eines der letzten Konzerte einer Gothic-Legende gesehen zu haben, die Röhre.
Text: Michael Dettenberger

30.11.2000 Bochum, Zeche

Aus dem Sonic Seducer

"Dieses Konzert weckt in mir alte Erinnerungen. Ich glaube, es war 1983, als wir das erste Mal hier spielten - ich war damals sieben! (räusper) Und ich trug grüne, ich betone, grüne Hosen..." - Wayne Hussey, äußerst gut gelaunt, diesmal mit rotem Rock über Strumpfhosen, zur Mitte einer- soviel sei vorweggenommen - brillianten Show.
Eine bis zur Schmerzgrenze überfüllte Zeche erwartet Wayne & Co. sehnsüchtig zu den Klängen von Orffs "O Fortuna". Die ersten Songs (u.a. "Hands Across The Ocean", "Never Again") ist Hussey aufgrund des immensen Jubels unsicher, ob man seinen Gesang überhaupt wahrnehmen kann- ein Unmut, der ihn selbst zum Ende der Show zu mehrfachen, und, wie ich meine, ehrlichen Lobliedern auf das "phantastische Publikum" veranlaßt. Der Sound, das A und O einer Hallen Show, war mehr als amtlich; durch vereinzelte Improvisationen erhielten Songs wie "Butterfly On A Wheel" neuen Drive. Nach einer Weile war klar: das gibt ein Marathon-Konzert. Nennt mir irgendeinen Hit von The Mission - sie haben ihn gespielt. "Gimme Deliverance (usw.)" tönte das Publikum minutenlang lauthals, bis selbst die Band, die genau das eigentlich gewöhnt ist, grinsen mußte. Es herrschte eine dermaßen gute Party-Stimmung, daß The Mission sich bei den nachfolgenden Zugaben nicht lumpen ließen und ein Drittel der Gesamtzeit der Show noch mal anhängten. Hell, yeah, that`s rock ! Erste Zugabe: "Wasteland" mit einer eingemogelten Passage aus "Marian". Insgesamt wurde einem sehr schnell klar, daß die Leute auf die Klassiker ganz besonders steil abgingen. Und Wayne, unverständlicherweise immer noch nicht verausgabt, setzte mit einem Wunschprogramm noch einen drauf: Eine Zuschauerin wünschte sich "Crystal Ocean", was Wayne mit einem sympathischen "Wir haben es lange nicht mehr gespielt, also verzeiht uns, wenn wir abkacken" quittierte. Ganz Profi. Ebenfalls äußerst professionell verzögerte die Band an geeigneten Stellen die Refrains, um das Publikum mitgröhlen zu lassen und damit die Stimmung noch weiter anzuheben. Dazu die richtige Mischung aus Balladen a la "Wake", Fun der Marke "Mr. Pleasant" und reinem Pogo: das ersehnte "1969", um nur einige Beispiele zu nennen.
Und jene Stimmung offenbarte neuerlich, daß das Ruhrgebiet nun doch eine, wenn nicht d i e Wiege des Gothic Rock ist. Naja, spätestens bei meinem Alltime Favourite "Naked And Savage" war mir auch klar, daß The Mission nicht nur Profis, nicht immer noch wild sind, sondern nach wie vor die erste Reihe der Paten des Gothic Rock mitbeanspruchen. Generell bevorzuge ich Bands wie The Mission auf Open Air Festivals, nur weil es für mich etwas naturverbundenes impliziert. Sprich: Gras unter den Füßen, der Himmel über dem Kopf - das kickt. Dieses Ausnahmekonzert hat mich allerdings eines besseren belehrt: Man sollte einfach beides erleben.
See you next year !
Text: Michael Zöller



Aus dem Entry Magazin:

Nun sollte es also endlich soweit sein. Der Schreiber dieser Zeilen durfte sich endlich seinen lang gehegten Wunsch erfüllen, die Kultband der 80er einmal livehaftig zuerleben. Lange Zeit sah es ja danach aus, als würde das nie mehr geschehen... Die Zeche war natürlich ausverkauft, und so hatten die beiden ersten Bands (eine lokale Vorband und der "richtige" Support, der aus der The Mission-Crew bestand!), auch schon eine stattliche Menge an Publikum, die sie allerdings - sorry - nicht wirklich verdient hatten, denn The Cure und eben The Mission schaue ich mir dann doch schon lieber "in echt" an... Doch dies alles war schnell vergessen, als die Meister selbst dann aufspielen durften! Mit "Never Again" stiegen die Engländer um Wayne Hussey ein, und ließen nichts, aber auch wirklich überhaupt nichts anbrennen! Hits wie "Hands Across The Ocean", "Into The Blue", "Amelia", "Butterfly On A Wheel", "Severina" oder natürlich "Beyond the pale" rissen die Fanschar sofort mit! Überraschend war für mich persönlich, wie sympatisch sich die Band gab, besonders Hussey selber wirkte auf der Bühne, als hätte man seinen alten Kumpel (aus den achtzigern ;)) plötzlich wieder getroffen. Ein Scherz jagte den anderen und von dem normalerweise (bei größeren Bands) üblichen Unterschied "Stars auf der Bühne - Fans davor", war nicht wirklich viel zu merken, die Band feierte ihre Rückkehr MIT den Fans! Als nach "Deliverance" dann erstmal Schluß war, ließ sich die Band natürlich nicht lange bitten und gab den nicht enden wollenden "Give me deliverance"-Gesängen schließlich nach! Was dann kam, überzeugte dann wahrscheinlich noch den letzten skeptischen Rest der Leute, die von den teils moderneren Versionen der Klassiker nicht ganz so angetan waren. Die erste Zugabe war "Wasteland", bei dem sich Hussey einen ironischen Seitenhieb auf seine Ex-Band, den "Sisters", nicht verkneifen konnte und den Refrain aus "Mary Ann" einbaute, was logischerweise für wahre Begeisterungsstürme bei den (teilweise von weit her) angereisten Fans sorgte! "Like A Hurricane" folgte dann auf den Fuss, und es gab kein Halten mehr! Die Meute tanzte, sang und feierte das Comeback der Ikonen, so daß selbst die Künstler offensichtlich immer mehr Spaß an dem Konzert hatten. Nach einem weiteren Zugaben-Teil - unter anderem mit einem Cover von UB40's "Falling In Love"! - verabschiedeten sich The Mission mit "Daddy's Going To Heaven Now", und ließen garantiert nicht einen einzigen Fan enttäuscht zurück, zumal eine Setlist von ca. 20 Songs und eine Dauer von fast 2 1/2 Stunden wohl genug sein dürften! Fazit: The Mission sind zurück, und das so stark und fit, wie man es (wenn man ehrlich ist) niemals erwartet hätte! (ds)