Reviews & Pics 1990
23.03.1990 London Wembley
30.03.1990 Hamburg - CCH
Aus Zillo 05/1990
Um etwa viertel nach zehn entschlossen sich The Mission, die wartenden Massen im Saale mit dem Beginn ihres Konzertes zu erfreuen und so ließen sie es sich nicht nehmen, die hauseigene Bühne zu betreten. Knapp zwei Jahre waren seit dem letzten Auftritt in der Hansestadt vergangen, und so war die Spannung im Publikum entsprechend groß. Schon der Opener "Amelia", einer der stärksten Songs des neuen Albums wußte zu überzeugen und gab der Menge den nötigen Startkick, um in die richtige Stimmung zu kommen. Das weiterlaufende Programm bestand gutgemischt aus Titeln aller Perioden der Band, auf ein einfaches Herunterspielen der neusten Platte zwecks Promotionanliegen wurde glücklicherweise verzichtet, auch alte Stücke wie "Garden Of Delight" oder "Crystal Ocean" kamen zu den ihnen nötigen Ehren. Die Stimmung hielt in gleichem Maße mit und da die Halle ausreichend Freiraum bot, konnte jeder den Gig auf seine Weise genießen, die einen dicht an die Bühne gepresst, die anderen in den mittleren Bereichen herumflippend und der Rest einfach am Rande verweilend.
Das dominierende Element auf der Bühne war, wie üblich, Wayne Hussey, wie immer auch für den Mission-Laien an der unvermeidlichen Sonnenbrille zu erkennen. Wenn wir schon bei der Bühne sind, diese konnte alleine schon durch ihre Dekoration überzeugen, welche von großen, beweglichen Windmühlenflügeln im Hintergrund beherrscht wurde und durch due hervorragende Lightshow in immer neue Farben getaucht wurde. Musikalisch griffen Mission oft auf die geradlinige Rockader zurück, überflüssige Schnörkel und technisches Gefasel fiel - glücklicherweise - unter den Tisch.
Auch das romantisch-sentimentale Element fehlte nicht und erreichte mit dem überzeugend dargebotenen "Butterfly On A Wheel" einen beeindruckenden Höhepunkt. Zu jedem Mission-Gig gehören auch die unvermeidlichen 60er bzw. 70er Coverversionen. An diesem Abend hatte man sich für The Kinks, Roxy Music und Slade entschieden. Natürlich gaben die Vier - zuweilen unterstützt von dem Red Lorry Yellow Lorry Gitarristen Dave - wieder eine ihrer gefürchteten Versionen von "Shelter From The Storm" zum Besten, ein Song, bei dem man im voraus niemals weiß, ob Wayne das Ende noch stehen erreicht und der sich jedesmal einen anderen Weg sucht und zugleich immer den Abschluß des Gigs darstellt. Die Version des heutigen Abends zögerte sich auf etwa 10 Minuten hinaus und hinterließ ein erschöpftes, aber auch glückliches Publikum, das, nach einem mehr als befriedigenden Konzert, nur widerwillig den Ort des Geschehens verließ, um in die dunkle Nacht zu entschwinden.
31.03.1990 Düsseldorf - Philipshalle
NRZ vom 02.04.1990
Pathos im dicken Nebel
"Ich bin nicht der Messias", hat er kürzlich in einem Interview gesagt. Seine Fans haben´s offenbar nicht gelesen. Oder nicht geglaubt. Denn als Wayne Hussey, Chef der britischen Band The Mission, seine düstere Stimme erhebt und bedeutungsschwer die Arme ausbreitet, gibt es für seine Jünger in der Philipshalle kein Halten mehr: Sie springen hoch, rudern mit den Armen und tanzen - über 5000 sind zu der lärmenden Psycho-Messe erschienen.
In der dicken Nebelsuppe kann man die fünf Musiker manchmal nur schemenhaft erkennen. Mystisch und ein bißchen unheimlich soll`s wirken. Darum werden sie auch von hinten angestrahlt. Die Folge: Im Publikum ist es genauso hell wie auf der Bühne.
Seine alte Gruppe The Sisters Of Mercy hat Wayne Hussey einst verlassen, weil ihm die Musik zu traurig und schwülstig war. Nun, eine reine Erfrischung ist das, was The Mission präsentieren auch nicht gerade. In sturer Monotonie schrammeln die beiden Gitarristen, angetrieben von Bass und Schlagzeug, zwei, drei Akkorde rauf und runter - ein simpler, aggressiv klingender Brei, der die meist schwarz gekleideten Fans zu hypnotisieren scheint.
So einfach kann das sein. Und Wayne Hussey, dessen metaphernschwere Bibelbotschaften in der langweiligen Soundsoße kaum zu verstehen sind, umgibt sich mit eben jenem schwülen Pathos, von dem er angeblich nichts wissen will.
Bierernst verkauft sich der rot gewandete Sänger und Gitarrist mit der unvermeidlichen Sonnenbrille, ohne je einmal ironisch durchblicken zu lassen, daß sowieso alles nur Masche ist. Warum sollte er aber auch, solange die Fans ihm sein Gehabe abkaufen ?
Text: Frank Preuss
Aus WZ vom 02.04.1990 | Aus RP vom 04.04.1990 |
24.05.1990 Boston - Axis
Melody Maker 23.06.1990 |
24.11.1990 Düsseldorf WDR Rocknacht
WDR Rocknacht, Düsseldorf, Philipshalle - 24.11.1990
The Mission, Einstürzende Neubauten, James u.a.
Ausschnitte aus der RP-Kritik vom 26.11.1990:
Ein Hürdenlauf: Wieder mal acht Bands in der WDR-Rocknacht, das bedeutet acht Stunden Musik, laut und nicht immer fein.
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Irgendwann kurz vor zwei Uhr schreit der Berliner Blixa Bargeld: "Gott hat sich erschossen!" Auf einem gleichmäßig mit Plastikmüll abgedeckten Parkett in der Philipshalle steht noch die Hälfte der ursprünglich 4000 Fans und lauscht gespannt den Kakophonien der "Einstürzenden Neubauten".
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Es war nicht die schönste WDR-Rocknacht in Düsseldorf, vielleicht aber die spannendste. Zunächst poltern am frühen Abend aber die Kölner "Bad Little Dynamos" umher, spielen der sensible Australier Hugo Race und die melodiösen Briten von James sowie die Fraktion "laut, psychedelisch und langsam" namens "Galaxie 500" aus Amerika.
Inzwischen ist es neun Uhr, und in der Philipshalle veranstalten einige tausend Fans einen beeindruckenden Spurt gen Bühne. Moderator Alan Bangs kündigt The Mission an, die ursprünglich zum Schluß auftreten sollten. Daß sie nicht als Krönung kommen, macht nichts, denn die Briten spielen ihr schleppendes Blues- und Pathos- Konglomerat inzwischen auch etwas straffer; jedwede Verantwortung für Eigenständigkeit und Aussagekraft bleibt immer noch alleine an Sänger Wayne Hussey hängen, da der Rest der Kapelle eher orientierungslos umhermusiziert.
Die Bostoner Band "Bullet Lavolta" gibt anschließend beeindruckenden Anschauungsunterricht in amerikanischem Punk. Zwar sehen die Männer mit ihren wehenden Locken aus wie Surflehrer, sie beherrschen jedoch den stürmischen Rock`n `Roll, blasen die "heilige" Atmosphäre von The Mission konsequent aus der Halle.
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Alles in allem ein gelungenes Festival.
In einer beeindruckenden Kraftanstrengung und unter dem Vorwand der Publikumsrenner (wie etwa The Mission) schleusen die Verantwortlichen immer wieder auch aufregende Neulinge in die Philipshalle, die wir hier sonst nicht erleben würden.
Text: Sascha Gorkow
Aus der Express vom 26.11.1990:
"Chaos bei der WDR-Rocknacht
Programm total auf den Kopf gestellt"
Als "das Rockereignis" angekündigt, entpuppte sich die 7. WDR-Rocknacht in der Philipshalle als ziemliches Rock-Ärgernis. Das Programm startete eine Stunde zu früh, und in letzter Minute war auch noch die "Running Order" geändert worden.
The Mission traten schon als fünfte Gruppe auf und nicht als letzte (von acht). Die Einstürzenden Neubauten hatten angeblich verlangt, das Finale zu spielen. Viele Fans kamen erst in die Halle, als Wayne Hussey und seine Rock-Missionare längst mit ihrer schweißtreibenden Super-Show fertig waren. Auch das bunt durcheinandergewürfelte Programm schadete der Stimmung in der recht leeren Halle. Dem Publikum klang noch der Reggae von Dread Zeppelin im Ohr, als schon die Einstürzenden Neubauten auf Einkaufswagen und Metallrahmen einschlugen und ihre E-Gitarren quälten bis die Saiten rissen.
Blixa Bargeld kniete auf der Bühne und trug seine skurrilen Gedichte vor, zuckte im Rhythmus der Worte. Hier wenigstens machte die Programmänderung Sinn: Keine "normale" Band kann nach dieser Band noch auftreten.